Das aktuelle Fehlurteil vom 7. Juli 2005

Im Wesentlichen gab es gegen ihn die Verhandlung vom 7. Juli 2005, bei der er zu viereinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Am 23. Oktober 2007, nach fast drei Jahren Gefängnisaufenthalt in Hamburger und Berliner Knästen wurde er vorzeitig aus der Strafhaft entlassen.

Die Mächtigkeit der 3. Gewalt.

Im Oktober 2004 wurde Wüppesahl wegen der anscheinenden Verabredung zu einem Raubmord verhaftet. Er führte auch hier eine Racheaktion der Hamburger Justiz gegen seine unbequemen Tätigkeiten an. Hauptbelastungszeuge der Staatsanwaltschaft für diesen Vorwurf war der ehemalige Kollege Wüppesahls, Andreas Schellen, der wie ein verdeckter Ermittler zum Schein mit Wüppesahl zusammenarbeitete, als ehemaliger Polizist also ein Spitzel. Unter anderem besorgte Schellen die Waffe, mit der der Überfall durchgeführt werden sollte.

Der Prozess wurde am 4. März 2005 eröffnet. Wüppesahl hatte seine Verteidigung mit drei Pflichtverteidigern seit November 2004 vorbereitet. - Im Februar 2005, drei Monate nach Beginn dieser Arbeit und keinen Monat vor Beginn der Hauptverhandlung, teilte der Vorsitzende Richter der Großen Strafkammer, die ansonsten die Große Staatsschutzkammer des Landgerichts Hamburg darstellt und damals Wüppesahl verarbeitete, Herr Gerhard Schaberg, mit, daß er nur einen Pflichtverteidiger zulassen würde. Und nicht bloß das. Er würde auch keinen zusätzlichen Wahlverteidiger zulassen, solange Wüppesahl auch bloß einen Pflichtverteidiger habe. Und einen Pflichtverteidiger würde er – Herr Gerhard Schaberg – nur bestellen, sofern Wüppesahl keinen Wahlverteidiger habe. Also richtig kooperativ. Wie es sich für eine Große Strafkammer, die auch noch als Schwurgericht zusammentritt, gehört. Derselbe Richter, Schaberg, der bereits zu von ihm geleiteten Verhandlungen drei Pflichtverteidiger bestellte, wollte partout nicht mehr als einen Verteidiger für Wüppesahls Hauptverhandlung erleben. Man darf vermuten, dass er am allerliebsten keinen Verteidiger im Gerichtssaal hätte sehen wollen.

Erst am 4. März 2004, dem Tag des ersten (von 19) Hauptverhandlungstages war es Wüppesahl wieder möglich, einen zweiten Verteidiger – hier: Uwe Maeffert – für seine Verteidigung herbeizuziehen.

Das hatte folgende Vorgeschichte: Das Hanseatische Oberlandesgericht hatte seiner Beschwerde gegen die Schwächung seiner Verteidigung durch die Große Strafkammer unter Herrn Schaberg mit einem Beschluss keine 24 Stunden (!) vor Beginn dieser Hauptverhandlung wegen eines angeblichen Morddelikts stattgegeben. Gleichwohl war viel Vorbereitungsarbeit zunichte gemacht worden.

Damit war klar: Bevor überhaupt festgestellt werden konnte, ob Wüppesahl sich rechtswidrig verhalten haben könnte, stellte sich die Große Strafkammer selbst in den Bereich der Rechtswidrigkeit; und das ausgerechnet im Zentralbereich einer fairen Verteidigung, s.a. Art. 6 („Recht auf ein faires Verfahren“) der Europäischen Menschenrechtskonvention oder auch auch Beispiel Menschenrechtsbeschwerde.

Es gibt weitere Beispiele dieser gezielten Schwächung Wüppesahls Verteidigung durch die zuständige Kammer des Landgerichts (siehe auch „2. Die Sache mit Makowka, Korth und anderen“; weiteres wird in der Buchveröffentlichung zu lesen sein). So verurteilte das Landgericht Hamburg Wüppesahl am 7. Juli 2005 wegen angeblicher Vorbereitung eines Verbrechens (§ 30 StGB) und Verstoßes gegen das Waffengesetz zu einer Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren. Dazu auch: „Herablassend, gereizt, respektlos

Nach Überzeugung des Gerichts hatte Wüppesahl, aufgrund einer finanziellen Krise (Motiv), einen brutalen Raubmord vorbereitet. Dazu bedient sich das Gericht einiger Kunstgriffe, wie z.B. der falschen Behauptung getrennter Kassen mit seiner Ehefrau, die ihn entgegen der falschen Auffassung des Gerichts sowohl in der Strafhaft, als auch heute – nach Strafhaftentlassung – finanziert; dazu kommen zahlreiche Verfahrenskosten. Selbst das Gericht postuliert in seinem ihm nicht gewogenen schriftlichen Urteil, dass der Überfall sich noch nicht einmal im Versuchsstadium befunden habe.

Wüppesahl führt dagegen an, seine Finanzen im Griff gehabt zu haben und konnte auch tatsächlich sämtliche Verbindlichkeiten, die weit unterhalb der Kreditaufnahme von Häuslebauern gelegen hatten, privat regeln. Er führt an, daß das Zeugenschutzprogramm – für den Kronzeugen fachlich und rechtlich vollkommen unangebracht gewesen sei und im Wesentlichen den Sinn hatte, ihn in seinem Aussageverhalten auf der Linie der Staatsanwaltschaft zu halten. Dafür spricht unter anderem die Tatsache, dass der Zeuge Schellen in den 20 bis 25 Gesprächen mit zum Teil Vernehmungsqualität von dem Leiter der Operativen Einheit der Dienststelle Interne Ermittlungen in der Hamburger Innenbehörde, die direkt dem Staatsrat der Innenbehörde (=Staatssekretär in einem Ministerium) unterstellt ist, wegen ständigen Weinens nur schwer angehalten werden konnte, weiter gegen Wüppesahl vorzugehen. Von diesen Vorkommnissen erscheint nicht ein schriftlicher Hinweis in den Akten. Dieser „Zeuge“ war also wiederholt am Wegbrechen. Deshalb die strikte Abschirmung auch während der neun Hauptverhandlungstage, an denen Schellen aussagte. Zum Teil wurde er körperlich von sog. Zeugenschützern strikt in die „richtige“ Richtung bugsiert. Auch für solche Vorgänge gibt es zahlreiche unabhängige Wahrnehmungen.

Ebenso ist die Einbindung des Leiters der Abteilung Organisierte Kriminalität der Hamburger Staatsanwaltschaft in den Fall sowohl in der operativen Phase als auch während der Hauptverhandlung fachlich unvertretbar und allein mit anderen, politischen, Gründen zu erklären, wie auch die Durchführung der Hauptverhandlung im Hochsicherheitssitzungssaal des Hamburger Landgerichts bei einem Einzeltäter, der nicht einmal einen Eintrag im Bundeszentralregister hatte, sowie die Gewährung einer Rechtsanwältin nach dem Opferschutzparagraphen der Strafprozeßordnung (§ StPO), dessen Verankerung in der StPO allein wegen Sexualdelikten stattfand. Schon diese Fakten werfen viele Fragen auf, was für ein Prozeß gegen Wüppesahl von der Form und dem Inhalt durchgeführt worden ist.

In demselben Zusammenhang ist die Tatsache zu sehen, dass es keine konkrete Angaben in Bezug auf das Wüppesahl unterstellte Verbrechen – von Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden ganz zu schweigen – hinsichtlich der zu erfüllenden Tatbestände bei Raub und Mord, wie zu Tatort, Tatzeit, Opfer, Beute etc. gab und gibt. „HALBGÖTTER IN SCHWARZ“ - Deutschlands Justiz am Pranger; Rolf Bossi. Eichborn-Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-8218-5609-2 ---- Vielmehr suchten ihm die Ermittler einen Tatort aus, indem zwei Hamburger Kriminalbeamte nach Berlin fuhren und sich dort mit zwei ortskundigen LKA-Beamten sechs Einkaufszentren ansahen, die wohl am ehesten den von Wüppesahl in den mit Schellen geführten Gesprächen nahe kamen. Sie wählten dann ein EKZ (Berlin-Schöneweide) aus, das trotz all dieser Mühen in bedeutsamen Punkten nicht den von Wüppesahl genannten Tatortkriterien entsprach:

Der ihm vorgeworfene Handlungsablauf ist voller Ungereimtheiten, die das Gericht nicht bloß zur Seite schob, sondern vor dem Hintergrund Wüppesahls fachlichen Kompetenz und beruflichen Erfahrung eher zum Freispruch hätte führen müssen als sie wie unaufgeklärt zu belassen. All diese Lücken hätte das Gericht nur mit der Unterstellung überbrücken können, Wüppesahl sei verrückt geworden, ausgerastet, oder so ähnlich. Stattdessen „überbrückte“ das Gericht die vorhandenen Lücken jedoch mit seiner Überzeugungskraft und behandelte gleichzeitig den gelernten Polizeibeamten Andreas Schellen, der wie ein verdeckter Ermittler und sogar als agent provocateur jede seiner Handlungen wie ein Polizeispitzel nach den Anweisungen von Staatsanwälten, Polizeibeamten und Psychologen durchzuführen hatte (und dies auch bestmöglichst versuchte), wie einen normalen Zufallszeugen. Schellen wirkte als faktsicher V-Mann. Er hätte im Rahmen der „Gemeinsamen Richtlinien der Justizminister/-senatoren und der Innenminister/-senatoren der Länder über die Inanspruchnahme von Informanten sowie über den Einsatz von Vertrauenspersonen (V-Personen) und verdeckten Ermittlern im Rahmen der Strafverfolgung“ behandelt werden müssen.

Gerade weil Schellen wie ein zufälliger Alltagszeuge präsentiert wurde, der dann auch noch – obwohl er selbst vielfach „Tatbeiträge“ geleistet hatte – im Gerichtssaal als Opfer dargestellt wurde. „Selbstverständlich“ wurden auch die o.a. Richtlinien für V-Personen, die nach diversen Skandalen extra geschaffen wurden, um Missbräuche zum Beispiel dieser Art abzustellen, nicht angewendet. Auf diese Weise waren die Staatsanwaltschaft und Polizei Hamburg nicht an die ihre Kreativität hemmenden Richtlinien gebunden.

Nicht bloß Zeugen“schutz“, psychologisches Coaching, Opferbeistand durch Rechtsanwältin, nein, Schellen kam sogar in den Genuss des Opfer-Schutzprogrammes des LKA Hamburg, so dass auch nicht weiter wundern kann, wenn das „Opfer“ Andreas Schellen am 1. November 2004, sechs Tage nach Wüppesahls Festnahme, nach zuvor jahrelanger erfolgloser Suche, eine neue berufliche Anstellung hatte.... Und das Gericht machte im Rahmen der Hauptverhandlung mit anstatt – wie von der Strafverfahrensordnung vorgesehen - als Prüfungs- und Kontrollinstanz aufzutreten und schützte beispielsweise den Zeugen (also die Anklage) vielfach vor unangenehmen Fragen (hierzu Link auf die Menschenrechtsbeschwerde).