Unter dem Gesichtspunkt, dass gegen Wüppesahl ein Fehlurteil erging und er daher eher seiner politischen Arbeit wegen, als wegen eines vorgeblich vorbereiteten Raubmordes in Hamburger und Berliner Gefängnissen einsaß, stellt jeder einzelne Hafttag eine Menschenrechtsverletzung suis generis dar. Dies sei hier vorausgeschickt. Ansonsten könnte sich vielleicht der Eindruck aufdrängen, es gehe ihm um die Haftbedingungen als solche.
Gleichwohl wurde er jedoch mit Antritt seiner Strafhaft am 22. März 2006 Haftbedingungen unterworfen, die man in unserem Kulturkreis nicht erwarten sollte. Dazu wird die erste Buchveröffentlichung deutlich Stellung nehmen. In diesem Text für die Homepage finden Sie vor allem kursorische Darstellungen. Völlig unabhängig von Wüppesahl stellt das nachfolgende Zitat von Winston Churchill eine gerade auch für unschuldig einsitzende Häftlinge wie ihm eine Orientierungshilfe der besonderen Art dar:
"The mood and temper of the public with regard to the treatment of crime and criminals is the most unfailing test of the civilization of any country."
Wüppesahl war zunächst rund 17 Monate in der Untersuchungshaftanstalt Hamburg inhaftiert. In Einzelhaft untergebracht, kamen seine seine Haftbedingungen einer Isolationshaft gleich. Er war auf Grund seines Berufes als Kriminalbeamter bedroht und auch deshalb von fast allen anderen Gefangenen getrennt.
Warum kam er überhaupt in die Strafhaft? Nicht bloß er hatte – soweit man dies kann – sicher mit einer erfolgreichen Revision gerechnet. Bereits einmal hatte Wüppesahl durch eine Revisionsentscheidung vor der Schlechtleistung eines Vorsitzenden Richters, Herrn Holger Randel, einer Strafkammer des Landgerichts Hamburg, seinen Status erhalten können.
Mit seinem Fall befasst war der für Hamburger Revisionen zuständige 5. Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) unter Leitung von (der heutigen Generalbundesanwältin) Frau Monika Harms. Dieser sog. Hamburger Senat war immer wieder für seine Schonung gegenüber rechten Angeklagten aufgefallen und für seine Härte gegen Linke, so dass er längst für seine Sonderbarkeiten hinlänglich bekannt geworden ist. So mag man sich seine eigenen Gedanken machen ob der Urteile dieses „Hamburger“ Senates am BGH. Frau Harms aus Hamburg unterhält als ehemalige Hamburger Staatsanwältin, Richterin am Landgericht Hamburg wie auch in anderen Verwendungen ihre Verbindungen.
Selbstredend, dass ihr Wüppesahl nicht unbekannt gewesen ist; gerade nach der „Die Sache mit Makowka, Korth und anderen“. Sie ist nicht zuletzt von der taz als „Serientäterin“ wegen ihres besonderen Engagements gegen das linke Spektrum unserer Gesellschaft be- und von anderen ausgezeichnet worden. Jedenfalls war es dieser „Hamburger Senat“, der 5. Senat des BGH, der die von der Kanzlei Dr. Gerhard Strate & Klaus-Ulrich Ventzke gefertigte und gut begründete Revision in diesem Verfahren gegen Wüppesahl Anfang Februar 2006 verworfen hatte. Daraufhin wurde Wüppesahl im März 2006 in das Hochsicherheitsgefängnis Hamburg-Billwerder überführt.
In Hamburg-Billwerder wurde Wüppesahl zunächst in der Arrestanten-, Beobachtungs- und Sicherungsstation als gefährdeter Gefangener nach § 17 (3) Nr. 4. des in Hamburg bis zum 1. Januar formal geltenden StVollzG des Bundes untergebracht.
Rund sechs Monate später wurde er am 17. September 2006 gegen seinen Willen und gegen amtliche Zusagen (mit einer Stunde Umzugszeit) gezwungen, sich in den Regelvollzug zu begeben. Bei diesem Überraschungscoup hatte er keine Möglichkeit, sich mit seinem Verteidiger Ernst Medecke zu verständigen. Eine rechtswidrige Maßnahme mehr.
Im Regelvollzug der JVA Hamburg-Billwerder war er den täglichen Anfeindungen verschiedener Gefangenengruppen ausgesetzt. Trotz einiger Schreiben an die Anstaltsleitung wurde er nicht in die Gefährdetenstation zurück verlegt. Er war zwar mit überstellung in den Strafvollzug suspendiert, also kein Kriminalbeamter mehr, aber in dem subkulturellen Gefüge von Knästen bleibt ein ehemaliger Polizeibeamter der Bulle; dafür braucht man weder Kriminologie zu studieren, noch Vollzugserfahrung (auf welcher der beiden Seiten auch immer) besitzen. Wüppesahl wurde bewusst, gezielt und planvoll aus dem für ihn sicheren Bereich verlegt.
Im Regelvollzug war er fortan den täglichen Anfeindungen verschiedener Gefangenengruppen ausgesetzt. Trotz diverser Schreiben mit Darstellung von konkreten Gefährdungen und Bedrohungen an die Anstaltsleitung wurde er nicht in die Gefährdetenstation zurück verlegt.
Es musste (sollte?) dann auch so kommen, dass Wüppesahl nach rund sechs Wochen, am 1. November 2006, auf dem Herren-WC der sogenannten „Schule“ in der JVA Billwerder bis zur Bewusstlosigkeit verprügelt wurde. Erst eine Woche später, nachdem sein Verteidiger, Herr Ernst Medecke, Medienöffentlichkeit --- eins, zwei, drei --- hergestellt hatte, wurde er auf die Arrestanten-, Sicherungs- und Beobachtungsstation des Hochsicherheitsgefängnis in Hamburg-Billwerder zurück verlegt.
Zunächst wurde er rechtswidrig, gegen seinen Willen (§17 (3) Nr. 3. StVollzG, also nach bezogenen Prügel vomgefährdeten zum gefährlichen Gefangenen „befördert“ und innerhalb weniger Tage in Isolationshaft(!) besonderen Bedingungen ausgesetzt. Er wurde von der Anstaltsleitung zum gefährlichen Gefangenen gemacht und auch noch in Isolationshaft gesteckt: einmal nach § 88 StVollzG, dann wieder nach § 89 StVollzG, also der klassischen Isolationshaft mit ihren Bedingungen der Deprivation. Es habe nach dem Überfall auf ihn schließlich nur die Möglichkeit bestanden, zurück auf eine für ihn sichere Station geschafft zu werden. Man war sich doch der Gefahren bewusst! Die Bedrohung Wüppesahls war also genutzt worden, um aus ihm einen Täter im Strafvollzug zu erschaffen anstatt nach dem Überfall ihn um so mehr nach dem § 17 (3) Nr. 4. StVollzG zu schützen!
Gleichzeitig offenbarte das Hin und Her in der Verfügungslage, tagelang sogar ohne Bekanntgabe irgendwelcher Ermächtigungen, dass die Anstaltsleitung/Vollstreckungsbehörde sich vollkommen unsicher war, wie sie ihn nun informell bestrafen sollte. Wüppesahl hatte in seiner gesamten Haftzeit keinerlei Disziplinarmaßnahmen erhalten. Schikanen, wie die Gegenwart eines Beamten „zu seinem Schutz“ bei Besuchen durch die Ehefrau (!!) oder Mutter (!!), zahlreiche Haftraumkontrollen etc. führten auch hier über die Grenze des Grotesken in den Bereich der Rechtswidrigkeit.
Diese beiden vorstehend benannten Beispiele – es gibt viele viele andere - wurden fast ein Jahr später (!) auch von der zuständigen Großen Strafkammer des Landgerichts Hamburg als rechtswidrig bestätigt. Zu dem Zeitpunkt hatte ihn der Berliner Strafvollzug längst entlassen. Er hielt sich wieder zu Hause auf. Auch eine Sonderleistung des Hamburger Landgerichts. – Also: Eine Sonderhaftbedingung nach der anderen für jemanden, der vor allem wegen seiner politischen Arbeit im Gefängnis einsaß.
Sowohl seine ernötigte Überstellung am 17.09.2006 in den Regelvollzug der JVA Billwerder, als auch die Vorgaben, rechtlichen Grundlagen und Durchführung, unter denen er anschließend am 07.11.2006 zurück auf den ihn schützenden Bereich kam, waren rechtswidrig: Totalverschluß der Gefangenenhäuser, obwohl Wüppesahl zuvor tagelang – selbst noch nach dem Niederprügeln – völlig ungeschützt dem sogenannten Regelvollzug ausgesetzt worden war.
Auch hier – wie bereits im Rahmen der Hauptverhandlung – fand ein Staatsschauspiel der Extraklasse statt: zuerst wochenlang in der Gefährdungszone den Anfeindungen aussetzen, sich amtlicherseits auf dumm stellend, wenn Sachverhalte seiner Gefährdung gemeldet wurden und plötzlich, eine Woche nach dem überfall, eine vollkommen überzogene Sicherheitsstufe anordnen, um ihn in Isolationshaft zu stecken. Ein weiteres Stück aus dem erschreckenden Tollhaus bundesdeutscher Vollzugswirklichkeit, das mit „rechtsfreiem Raum“ moderat umschrieben wäre; unter einem christdemokratischen Senat.
Wüppesahl hatte, mit Hilfe seines Verteidigers und dem Beschluss der für ihn zuständig gewesenen Großen Strafkammer des Landgerichts Hamburg, eine erste Ausführung am 1. Dezember 2006 zu den Beisetzungsfeierlichkeiten seiner Schwiegermutter durchsetzen können. In Begleitung dreier Justizvollzugsbeamter (an den Händen gefesselt) hatte er zum ersten Mal nach mehr als zwei Jahren sein Gefängnis verlassen dürfen.
Bereits sechs Tage später, am 6. Dezember 2006 - gewissermassen als Nikolaus-Geschenk - wurde er völlig überraschend in einer Nacht-und-Nebel-Aktion im Austausch gegen einem Serienmörder durch ein Spezialkommando der Strafvollstreckungsbehörde Hamburg nach Berlin in die JVA Tegel verlegt, dem größten Strafgefängnis der Bundesrepublik Deutschland; siehe bei Interesse auch: „ Planet Tegel“. - Zwar legte er, noch in Hamburg, Widerspruch ein, nachdem ihm dieser weitere Willkürakt zur Kenntnis gekommen war. Der Widerspruch wurde jedoch genauso wenig beachtet, wie die Ausführungen seines Verteidigers.
Kurzer Einschub: Herr Roland Makowka, der ehemalige Präsident des Landgericht Hamburg, verstarb am Tag vor Wüppesahls Verschleppung nach Berlin, also am 5. Dezember 2006. Herr Makowka war 11 Jahre lang Ehrenvorsitzender des Vereins Hamburgischer Richterinnen und Staatsanwältinnen, nachdem er zuvor über 15 Jahre deren 1. Vorsitzender gewesen ist, so dass davon auszugehen ist, dass Herr Makowka – ob dieser hoch angesehene Mensch es wollte oder nicht –bzgl. Wüppesahl auf dem Laufenden gehalten worden ist, denn die 1997 von Wüppesahl gegen Makowka als zu diesem Zeitpunkt ehemaligen Landgerichtspräsidenten Hamburgs und andere erstattete Strafanzeige wg. Geheimnisverrats (erstaunlicherweise haben die Springer-Medien Hamburger Abendblatt, BILD und DIE WELT ihre diesbezüglich umfangreiche Berichterstattung aus ihren Archiven „gereinigt“) und anderer Delikte, sowie deren publizistischer Widerhall und dazu geführte Diskussionen im politischen Raum verhinderte, dass Makowka die CDU bei der damals vor der Tür stehenden Bürgerschaftswahl als designierter Justizsenator in deren Schattensenat bereicherte. Vielmehr wurde Makowka dann viele Jahre Ombudsmann im Universitätskrankenhaus Eppendorf und dafür auch dekoriert. Herr Gerhard Schaberg, der Vorsitzende Richter der Kammer, die Wüppesahl mit dem Fehlurteil ins Gefängnis schrieb, war zum Festnahmezeitpunkt Wüppesahls und auch während der von Schaberg gegen Wüppesahl durchgeführten Hauptverhandlung 2. Vorsitzender dieses Vereins. In diesen Zeiträumen war Herr Makowka immer noch Ehrenvorsitzender der Hamburgischen Vereinigung von Richterinnen und Staatsanwälten. - Inzwischen ist Gerhard Schaberg der 1. Vorsitzende des Hamburger Vereins, der zugleich Landesverband des Deutschen Richterbundes ist. Näheres wird unter „2. Die Sache mit Makowka, Korth und anderen“ dargestellt.
Wüppesahl wurde am Nikolaus 2006 auf ausdrücklichen Wunsch Hamburgs in die Teilanstalt III der JVA Tegel eingewiesen. Seine Verlegung von Hamburg nach Berlin war buchstäblich eine Verschleppung und erfolgte bewusst als verdeckte Operation,frühmorgens, um 06:15, mit lediglich 30 Minuten Packzeit! Selbstverständlich teilte man ihm nicht mit, wohin er, Fesselung an Händen und Füßen, verlegt werden würde. Erst im rollenden Sonderwagen, wurde ihm das Fahrtziel benannt. Das Ganze im Einzeltransport mit einem Beamten hinter und zweien vor ihm, in einem besonders gesicherten Drahtkäfig ging´s ab nach Berlin. Und das ohne eine Möglichkeit, vorher noch seinen Verteidiger anzurufen.
In der JVA Tegel angekommen, erfuhr er auf Nachfrage, dass die beiden Senatsverwaltungen Hamburgs und Berlins diese Abmachung getroffen hätten, obwohl dieser Trakt (die Teilanstalt III) als Ort für Langzeitinhaftierte mit mindestens drei Jahren noch zu verbleibender Haftdauer gelte. Als Kompensation übernähme Hamburg einen Serienmörder aus Berlin. Gefangenenplätze kosteten schließlich Geld! Ein neuerliches Beispiel wie wichtig die Staatsanwaltschaft Hamburgs – nun in der Gestalt der Vollstreckungsbehörde – Wüppesahls Sonderbehandlungen waren.
Aus der Isolationshaft in Hamburg, die, so eine nachträgliche Begründung Hamburgs, zu seinem Schutz(!), nachdem man ihn zuvor wochenlang trotz vielfältigster Hinweise den Gefährdungen im Regelvollzug ausgesetzt hatte, verordnet worden war, wurde er nun, innerhalb von drei Stunden, ohne jeglichen Schutz, auf dem B-Flügel der Teilanstalt III in der JVA Tegel weggesperrt!
Selbstredend dünnten sich nach Berlin auch die Besuchskontakte aus. Während in Hamburg, ob im UG oder in der JVA Billwerder, nie alle Interessierten zu ihm kommen konnten, weil die wenigen Besuchsplätze durch Familie, Freunde und anderen Unterstützern ständig ausgeschöpft waren, so war es vielen schlicht und einfach nicht mehr möglich, den Tagesaufwand einer An- und Abreise für einen Besuch im Knast nach Berlin aufzubringen. Eines von so vielen Kalkülen, das mit seiner Verschleppung verbunden gewesen ist. Gleichwohl kamen seine Ehefrau, seine 75-jährige Mutter, Tanten u.a.m.
Dafür traten in Berlin – wie das Leben so spielt - andere Kräfte helfend an Wüppesahls Seite. Zum Beispiel erhielt er von der Gefängnisseelsorge in Berlin und dabei im besonderen von dem ehemaligen Beauftragten des Rats der evangelischen Kirche Deutschlands für die Gefängnisseelsorge in der Bundesrepublik, Herrn Manfred Lösch, eine atemberaubende Unterstützung – bis hin zu einer Zweitwohnung in dem Pfarrhaus Berlin-Dahlem, um den örtlichen Vorgaben des Offenen Vollzuges genügen zu können. Die Gespräche mit Pfarrer Lösch waren für Wüppesahl eine große Hilfe.
Während er im UG Hamburg gut ohne Gefängnisseelsorger zurecht gekommen war, weil er dort weitgehend anständig behandelt worden war, änderte sich dies mit Beginn des Strafvollzuges komplett. Für Hamburg war dies angesichts der Missstände in der JVA Billwerder nicht verwunderlich. Einzelheiten dieser kaum wegzudenkenden Einrichtung der Gefängnisseelsorge sollen der Buchveröffentlichung vorbehalten bleiben.
Eines ist bei aller angebrachten Kritik ebenfalls notwendig anzuführen: Selbstredend gab es auch in Berlin seitens der Vollzugskräfte Nickeligkeiten. Aber der Unterschied zwischen einem sozialdemokratisch geführten Vollzug (Berlin) zu den abseitigen Verhältnissen in Hamburg war sehr groß und geht weit über Nuancen hinaus. Während in Berlin viele Defizite der unzulänglichen Ausstattung mit personellen und sachlichen Ressourcen im Zusammenhang stehen, so war es in Hamburg eine in Teilen strukturell und zwischenmenschlich ausgelebte Misanthropie.
Auch trat in Berlin neben seinem Verteidiger für Vollzugsangelegenheiten Medecke nun noch Frau Dr. Annette Linkhorst aus Berlin hinzu, die gleichfalls mit den örtlichen Gegebenheiten allerbestens vertraut, effektiv die Interessenlage Wüppesahls unterstützte. Selbstredend wurde auch registriert, wenn Wüppesahl zum Beispiel von renommierten Professoren Besuch erhielt oder mit JournalistInnen sprach. Es kamen weitere Hilfen hinzu. Es gab in Berlin viele, sehr viele, die schlicht und einfach nicht mehr glaubten, dass Wüppesahl die ihm ins Urteil geschriebene Tat begangen haben sollte.
Wer als Strafgefangener nicht auf solche Ressourcen zurückgreifen kann, dem kann es schlecht – sehr schlecht (!) – ergehen. Und zwar weit ausserhalb der gesetzlich vorgesehenen Sanktionen. Dass ihn dies z.B. in Hamburg nicht davor schützte, misshandelt zu werden, läßt an dieser Stelle lediglich im Ungefähren erahnen, was sich hinter den Mauern des bundesdeutschen Strafvollzuges alles abspielt. Es ist eine völlig andere Welt; auch im Abgleich zur Gesetzes- und Vorschriftenlage. Einen gewissen Eindruck auf abstraktem Niveau – die Juristen sprechen dabei immer von der „juristischen Praxis“, aber Praxis sieht in den Polizeien und den Knästen doch anders aus - vermittelt auch der „Grundrechte-Report 2007 zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland“ auf den Seiten 142 ff, „Missachtung von Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern durch die Justizverwaltung“ von Miriam Gruß.
Wüppesahl wird dazu konkrete Beispiele von innen liefern, da er – irgendjemand hat dies so gewollt – ein zweites sechssemestriges „Studium Strafvollzug“, allerdings ohne offizielle Diplomierung, durchleben durfte.
So kann es niemanden wundern, was Wüppesahl für ungewöhnliche Menschen aus der unmittelbaren Nähe kennen lernte. Als einziges Beispiel sei hier einer der erfreulichsten Kontakte fand aus dem UG Hamburg dargestellt. Sicherlich ist der Umgang von Polizei und StA Hamburg wegen des unpolitischen Selbstverständnisses von Kamiar M. anders als bei Wüppesahl, aber dieser junge Hamburger Polizeibeamte wird noch heute mit ähnlichen Systematiken von Polizei und StA Hamburg gejagt, wie Wüppesahl. Auch er soll durch Mobbing mit (unter anderem) den Mitteln des Straf- und Strafverfahrensrechtes aus dem aktiven Polizeidienst entfernt werden.
In der JVA Tegel machte man sich seitens des Vollzugspersonals schnell ein eigenes Bild von Wüppesahl. Man führte ihn durch den Psychologischen Dienst, veranstaltete Testreihen, Gespräche, sowie Boarderline-, Gewalt-, Aggressions-, und Intelligenztests etc., die er sämtlich mit guten oder sehr guten Ergebnissen bewältigte.
Wüppesahl konnte nun im Rahmen des offenen Vollzuges unter anderem wieder am kulturellen Leben nicht in Hambug, aber in Berlin, das bekanntlich mit drei Opernhäusern, der Philharmonie, mehreren Theatern usw. sehr viel zu bieten hat, teilnehmen und nach jahrelanger Unterbrechung endlich wieder authentisch Kultur aufsaugen.
Seine Ehefrau besuchte ihn alleine zwei Mal über je fünf Tage während ihrer schulfreien Zeit (Sommerferien). Er selbst ging im August/September 2007 einer schwerlich skandalisierungsfähigen Hilfstätigkeit auf einer Baustelle in Berlin-Spandau nach. Letztlich konnte er diese Wochen als eine wertvolle Lebenserfahrung nutzen. Auch konnte er mit seinem Ehemaligen-Ausweis als Bundestagsabgeordneter im Reichstag alte Kontakte wieder aufnehmen und pflegen, Gespräche führen und dabei so Mal um´s Mal bereits anhand der Fragen feststellen, wie sehr das für ihn bestehende Fremdbild noch von der Propaganda der Hamburger Staatsanwaltschaft und der mehrheitlich stark misslungenen Gerichtsberichterstattung verzerrt gewesen ist.
Wüppesahl lebte in Kontrasten: Mal als Strafgefangener im Dreckloch der JVA Düppel, dann in Gesprächen mit Mitgliedern der 1. Gewalt und anderen Entscheidern, ein anderes Mal als Elektrofachhelfer beim Strippenziehen 4, 5 Meter unter der Decke bzw. unter den Fußböden eines neu zu erstellenden Rechenzentrums, um kurz darauf wieder mit seiner Ehefrau „normale“ Wochenenden zu Hause in Geesthacht-Krümmel zu verleben.
Es gab in der JVA Düppel keine Einzelzellen, sondern Mehrfachzellen, die mehr vergammelten Stuben- denn Zellencharakter hatten. Drei Gefangene hausten in einer Zelle. Kurz nach dem Besuch des FDP-Bundestagsabgeordneten Burkhard Müller bei Wüppesahl wurde dieser akut von Wanzen befallene Barackentrakt abgerissen (siehe hierzu den Artikel Kritik an JVA: „Düppel hat einen Standard wie Usbekistan“ In: Tagesspiegel, 24. September 2007).
Dennoch tat der Berliner Strafvollzug sehr viel, um ihn bezüglich des Haftstrafenerlasses anständig zu behandeln, so dass er im Oktober 2007 nach Verbüßung von fast zwei Dritteln seiner Haftstrafe entlassen wurde. Eigentlich war klar, dass er als klassischer Halbstrafenkandidat und seinem Vollzugsverhalten im Januar 2007 hätte nach Hause gehen können. Aber davor waren die Sonderveranstaltungen Hamburgs mit gleich einigen dafür verantwortlichen Akteuren.
Zum besseren Umgang der Vollstreckungsbehörden in Berlin zählte sicher die Tatsache, dass sich die Berliner Grünen – im Gegensatz zu den Hamburger Grünen – um den einsitzenden Wüppesahl kümmerten. So stellte der justizpolitischer Sprecher der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, Dr. Dirk Behrendt, sofort nach Kenntnisnahme von Wüppesahls Zwangsunterbringung in der JVA Tegel nach Berlin eine Kleine Anfrage an den Senat (Kleine Anfrage, Ds 16/10192). Und der gerade drei Monate zuvor erstmals in den Berliner Landtag gewählte Abgeordnete, Benedikt Lux betreute ihn in wirklich lobenswerter Weise sowohl in der JVA Tegel als auch in der JVA Düppel, so wie er sich auch – nach den Gepflogenheiten alter grüner Schule – mit der Situation in den Haftanstalten gründlich auseinandersetzte (siehe die Artikel Wenn aus Trauer Wut wird. In: Tagesspiegel, 13.2.2007 und JVA Tegel: Häftlinge beklagen gesundheitsgefährdende Zellen. In: Tagessspiegel, 4.4.2007).
Dagegen ließen die Hamburger Grünen Wüppesahl links liegen und lieferten ihn den Willkürhandlungen des rechten CDU-Senats aus. Inzwischen koalierten sie mit der Hamburger CDU und stellen in Hamburg einen grünen Justizsenator. Wieder einmal bewies sich, dass die in einem Bundesland und im dem Bund vorzufindende rechts- und innenpolitische Wirklichkeit weniger davon abhängt, ob Grüne in der Regierung oder in der Opposition sind, sondern mit welchem inhaltlichen Selbstverständnis sie ihrer politischen Arbeit nachgehen.
Es drängt sich der Schluss auf, dass Hamburg nach dem verlorenen Verfahren wegen Wüppesahls erfolgreich verlaufener Ausführung zu den Beisetzungsfeierlichkeiten seiner Schwiegermutter aus drei Gründen diese Verbringung vornahm.
Übrigens, nachdem man sich redlich Mühe gegeben hatte, die Ausführung bereits im Vornherein zu sabotieren, ging es munter so weiter: So platzte der Häftlingskonvoi mit entsprechenden Reaktionen der Trauergemeinde von Wüppesahls Familie in die begonnene Trauerpredikt des Pfarrers. Oder Wüppesahl konnte an dem vorhergehenden Requiem - die Familie seiner Ehefrau ist katholisch – nicht teilnehmen. Weiteres im Buch...
Die wahren Gründe für seine Verschleppung nach Berlin könnten im Folgenden bestehen:
Jeder Strafgefangene besitzt, egal ob Fehlurteil oder nicht, nach zwei gelungenen Ausführungen einen Rechtsanspruch auf weitere Vollzugslockerungen. Die Schriftsätze der JVA HH-Billwerder/Vollstreckungsbehörde Hamburg gegen WüppesahlsAusführung aus Anlass dieses bedeutenden familiären Ereignisses lasen sich, als gehöre er einer Terroristengruppe an! Zwar hatte er in den 80er Jahren gegen die Haftbedingungen der RAF „auf der Straße“ demonstriert, aber was hier zu lesen war, hatte mit seiner Situation in der JVA Billwerder nicht das Geringste zu tun! Dennoch ließ man ihm weiterhin Sonderbehandlungen der unerfreulichsten Art zukommen, z.B. in Form von rechtswidrigen Haftbedingungen. Der Vollstreckungsbehörde Hamburgs (das ist die Staatsanwaltschaft, die, in nicht unbedeutenden Teilen, meint, mit Wüppesahl noch offene Rechnungen zu begleichen zu haben), war genauso wie der Anstaltsleitung der JVA Billwerder klar, dass er mit Hilfe seines Verteidigers Medecke, abgestützt durch ein Umfeld aus Familie, Freunden und Freundinnen, Bekannten, KLIMA e.V. und anderen, den nächsten Anlass für eine weitere Ausführung nutzen würde. Er würde das, was mit ihm in der JVA Billwerder angestellt worden war, nicht weiter hinnehmen!
Wäre aber ein weiterer Versuch einer Ausführung erfolgreich gewesen, wäre die Absicht der Hamburger Vollzugsbehörde, ihn die vollen viereinhalb Kalenderjahre Freiheitsentzug nach dem Urteil vom 7. Juli 2005 hinter Gittern zu behalten, vergeblich! Daher der Wunsch Hamburgs – Senatsverwaltung Hamburg an Senatsverwaltung Berlin -,Wüppesahl solle in die Teilanstalt III (TA III) der JVA Berlin-Tegel gelegt werden, obwohl er die Kriterien für einen dortigen Aufenthalt nicht (!) erfüllte.
In Hamburg galt zu Wüppesahls Knastzeit das Strafvollzugsgesetz des Bundes. Faktisch wurde dieses Gesetz jedoch von allen beteiligten Stellen massivst ausgehöhlt. Stattdessen verfuhr man bereits 2006 in vielen Bereichen so als wenn ein erst seit dem 1. Januar 2008 in Kraft befindliches Hamburger Strafvollzugsgesetz gelten würde.
Alle Kenner bundesdeutscher Gefängnisse wissen, dass die TA III der JVA Tegel einen „Ort der Hoffnungslosigkeit“ darstellt. Wüppesahl hatte eine Fülle von Einzelanträgen an die Anstaltsleitung/Abteilungsleitung in der JVA Billwerder gerichtet. Manches Mal waren vier oder fünf Erinnerungsanträge im Wochenabstand (!), damit er nicht zum gar ungeduldigen Querulanten gelabelt werden konnte, erforderlich, um überhaupt eine Rückmeldung zu erhalten. – Zu vielleicht 70 ablehnenden Antragsbescheiden, wenn dann endlich welche kamen, legte er Widersprüche ein. Vielleicht 15 seiner Widersprüche wurde abgeholfen, also seinem Wunsch mehr oder weniger entsprochen. – Zu ungefähr 40 von ihrer Substanz bedeutsamen abgelehnten anstaltsinternen Anträge und nicht abgeholfenen Widersprüchen entwickelte er „Anträge“ (= Gerichtsverfahren), auch in Form von Eilanträgen an die für ihn zuständige Große Strafkammer bei dem Landgericht Hamburg. Im wesentlichen handelte es sich um die abenteuerlichen Haftbedingungen, denen er vollkommen gesetzes- und rechtswidrig unterworfen worden war, und von denen hier nur beispielhaft einige benannt seien:
Da er diesen Bedingungen durchgängig in der JVA Billwerder ausgesetzt gewesen ist, und seine gerichtlichen Anträge bei dem Landgericht Hamburg zur Entscheidung anstanden, macht auch der weiter nach oben geschraubte Irrsinn, Wüppesahl nach dem Bewusstlosprügeln nicht zu den alten rechtlichen Bedingungen auf die geschützte Station zurückgehen zu lassen, einen Sinn. Möglicherweise entscheidend deshalb unterwarf man ihn den völlig unpassenden Bedingungen der Isolationshaft etc. – Hätte man ihn nach dem überfall erneut nach § 17 (3) Nr. 4. StVollzG aus dem sog. Regelvollzug zurück geholt, wären sämtliche seine Beschwer wieder aufgelebt und seine bei dem Landgericht vorliegenden Anträge zum Teil gegen die Anstalt/Vollstreckungsbehörde entschieden worden. Und bei den Verfahrensentscheidungen für Wüppesahl wären auch solche von Haushaltsrelevanz, (relativ hoher Kostenintensität, d.h. Umbaumaßnahmen, Personal, etc) und demnach zum Problem geworden.
So wie am 19. September 2006 bereits die Notbremse gezogen wurde und er deshalb aus den geschützten Bereich geschubst worden war, so wurde die Notbremse nochmals gezogen, indem er (erneut) rechtswidrig in Isolationshaft etc. gesteckt wurde und die Notbremse wurde nochmals krachend gezogen, als die selbstredend bestens über die Verfahrensstände beim Landgericht Hamburg Hambuinformierte Anstaltsleitung/Vollstreckungsbehörde ihn nach Berlin verschleppen ließ. Was für ein (weiteres) Staatstheater. Bei Wüppesahls Hintergründen...
Welch absurden und schikanösen Haftbedingungen er ausgesetzt war, darüber möchten wir uns hier nicht weiter auslassen. Kurz nach Wüppesahls Verschleppung nach Berlin waren die meisten seiner Gerichtsverfahren beim Landgericht Hamburg entscheidungsreif. Der Anstaltsleitung Billwerder/Vollstreckungsbehörde Hamburg war klar, dass Wüppesahl vielleicht nicht alle, aber zumindest einige dieser Verfahren gewinnen würde. Gerade nach der gelungenen Ausführung vom 1. Dezember 2006 schien dies garantiert. Und bei den Verfahrensentscheidungen für Wüppesahl wären auch solche von Haushaltsrelevanz, (relativ hoher Kostenintensität, d.h. Umbaumaßnahmen, Personal, etc) und demnach zum Problem geworden.
Mit seiner Verbringung wurden alle (!) diese Verfahren in der Sache nicht entschieden, denn es seien alle seine Beschwernisse entfallen! Weil – so die formaljuristische Begründung – seine Beschwer, also seine Belastung durch die Haftbedingungen entfallen sei. Mit dieser für Hamburg kostenintensiven Verschleppung sparte man ein Vielfaches ein – auf Kosten der Menschlichkeit und des Rechtes.
Der dritte Grund für seine Verschleppung weit hinaus aus seinem sozialen Bezugskreis und auch den „draußen“ schon bereit stehenden Arbeitsmöglichkeiten dürfte darin bestehen, dass wenige Tage vorher der Anstaltsleitung bekannt geworden war, dass die von dem für ihn tätigenden Verteidiger Medecke gegen die Anstaltsleitung (Herrn Ullrich Quietzsch, Psychologe, und Frau Cornelia Ernst, Juristin) gestellte Strafanzeige zu einem Strafermittlungsverfahren gegen beide wegen des Verdachtes aufKörperverletzung im Amt durch Unterlassen, sowie weiterer Delikte geführt hat. Die Strafermittlungsverfahren waren eröffnet worden.
Später konnte man dann in Hamburger Medien auch etwas von der „Rache des Kommandanten“, also Herrn Ullrich Quietzsch, lesen. Der „Kommandant“ selbst, also der Leiter der JVA Billwerder, Herr Ullrich Quietzsch stellte Strafantrag und der Justizsenator persönlich (!) zeigte Herrn Medecke tags darauf bei der Anwaltskammer an. -Die Strafanzeige gegen Medecke ist längst nach § 170 StPO eingestellt. Aber allein die Tatsache, was für ein Sperrfeuer gegen ein im Vollzugsrecht hoch angesehenen Verteidiger erfolgte, weil dieser es wagte, krasse Missstände öffentlich zu benennen, drückt aus, was für ein Eigenleben und trauriges Selbstverständnis im Strafvollzug existieren kann. Wie weit man zu gehen bereit ist, um wehrhafte Gefangene möglichst noch um eine effektive Verteidigung ihrer Interessen zu bringen. Wie es zuvor bereits im Rahmen der Hauptverhandlung durch den VriLG HH, Herrn Gerhard Schaberg, bei der Nichtzulassung von Wüppesahls Verteidigern oder die Selbstherrlichkeit bei der Urteilsverkündung offenbar wurde. – Wüppesahlhat – auch in anderen Zusammenhängen – noch nie zuvor, nicht einmal bei den Polizeien, eine solche negative Empfindsamkeit ggü. Medienartikeln erlebt wie im Strafvollzug. Man scheint dafür auch „gute“, also schlechte, Gründe zu haben.
Zu diesem dritten Grund für seine Verschleppung besteht auch die überlegung, wenn „Hamburg“ ihn angeblich zu seinem Schutz in Isolationshaft steckte und von dort direkt in die Teilanstalt III der JVA Tegel überführen ließ, die als die munterste in der Bundesrepublik angesehen wird, könnte ein böswilliger Mensch auf den Gedanken kommen, dass er dort gewissermaßen den Rest bekommen sollte, nachdem er in der JVA Billwerder wenige Wochen zuvor nur bewusstlos geschlagen worden war. – Hierzu ist sicherlich der Artikel aus der Süddeutschen Zeitung vom 12. März 2007 aufschlussreich:
Staat schützt Häftlinge zu wenig
Bundesverfassungsrichterin Gertrude Lübbe-Wolff hat dem Staat vorgeworfen, Häftlinge im Strafvollzug nicht ausreichend vor übergriffen anderer Gefangener zu schützen. „Es ist eine perverse Situation, dass der Staat ausgerechnet da, wo er die dichteste Kontrolle ausübt, am wenigsten seine elementarste Aufgabe erfüllt: Menschen vor gegenseitiger Gewalt zu schützen“, sagte die Juristin dem Nachrichtenmagazin Focus. Die Gefangenen dürften nicht am Ende brutalisiert statt resozialisiert in die Freiheit entlassen werden. Die Richterin, die in Karlsruhe für Klagen von Häftlingen zuständig ist, forderte vor allem Zellen geringer zu belegen und ausreichend Personal in den Vollzugsanstalten zu beschäftigen. In den vergangenen Monaten hatten immer wieder Berichte über Gewalt in Gefängnissen Aufsehen erregt. ...
Wie recht die Verfassungsrichterin doch hat. Und sie vergaß anzufügen, dass bei solchen übergriffen fast regelmäßig Vertuschungen durch die Anstalt und andere staatliche Einrichtungen erfolgen. So auch in diesem Fall, in dem nicht davor zurückgeschreckt wurde, das Opfer eines überfalls der Selbstverletzung zu bezichtigen, wohl um von Anstaltsverantwortlichkeiten abzulenken und die Aufmerksamkeit der veröffentlichten Meinung zu irritieren.
Wüppesahl war ein klassischer Halbstrafenkandidat. Er erfüllte sämtliche gesetzlichen Bedingungen des § 57 (2) StGB, so dass er nach zwei Jahren und drei Monaten eigentlich hätte entlassen werden müssen. Was Hamburg im Sommer und Herbst 2006 jedoch nach dem geltenden Strafvollzug planvoll unterließ, konnte durch Berlin nur bedingt ausgeglichen werden, so dass er nicht zu dem für ihn aufgrund seiner Biographie (nicht vorbestraft, also sog. Ersttäter, Vollzugsverhalten usw.) angemessen gewesenen Halb-, sondern quasi zum Zwei-Drittel-Strafenzeitpunkt auf freien Fuß gesetzt wurde. In Hamburg wäre er wohl noch heute im Knast.
Am 22. Oktober 2007 wurde Wüppesahl unter anderem von dem Menschenrechtsbeauftragten der FDP-Bundestagsfraktion, Herrn Burkhardt Müller-Sönksen, zurück in der bürgerlichen Zivilgesellschaft empfangen (Wüppesahl aus der Haft entlassen. In: Hamburger Abendblatt, 25. Juli 2007.
Wüppesahl hatte über seine dreijährige Bewährungszeit, die er aufgrund seiner Menschenrechtsbeschwerde (siehe Kapitel Menschenrechtsbeschwerde) vorzeitig zu benden hoffte, ansonsten keinerlei Auflagen, also weder Bewährungshelfer oder sonst etwas. Es fand nicht einmal ein Anhörungstermin beim Landgericht Berlin statt – und das bei all den Vorwürfen die im Hamburger Urteil standen. Vielmehr hieß es im Entlassungsbeschluss des Landgericht Berlin, ähnlich wie in dem dazu erstellten Gutachten, dass er selbst in der Lage wäre, sein Leben zu organisieren und ihm ohnedies intellektuell kein Bewährungshelfer gewachsen wäre.
Wenn man sich dagegen die verzweifelten gedanklichen und tatsächlichen Krücken durchliest, die im Urteil stehen und zu einem Gutteil von einem Trottel von Kriminalbeamten ausgehen müssen, damit ein Restbestand an Vorwurfsauthentizität erhalten bleibt, dann sind noch gänzlich andere Fragen zu beantworten.
Wüppesahl ließ nie einen Zweifel daran aufkommen, dass er trotz des Fehlurteils weiß, dass bei bestehender Rechtskraft des Urteils vom 7. Juli 2005, die Haft an ihm rechtmäßig vollstreckt wurde. Allerdings betrifft dies weder die Haftbedingungen noch die Haftdauer. Sie gehören zu der großen Anzahl von Vollzugsdefiziten bei der Umsetzung von Gesetzen, Verordnungen, Richtlinien und insbesondere Gerichtsurteilen durch bundesdeutsche Behörden.