Thomas Wüppesahl Bürgermeister-Kandidatur:

„Volksabstimmung“ zum AKW Krümmel

- Verhindert durch grüne Politiker in Hamburg -

 

Wiederholt wurde sich in verschiedenen Medien mit meiner Kandidatur zum Bürgermeister in Geesthacht beschäftigt. Das ist an sich gut und richtig. Allerdings kamen die beiden Schwerpunkte meiner Motivation – mangelnde demokratische Substanz, weil nur ein ernst zu nehmender Kandidat von den Geesthachter Parteien organisiert ist, sowie die Tatsache, dass der All-Parteien-Kandidat, Herr Dr. Manow, für den Weiterbetrieb des AKW Krümmel arbeiten – in kaum nennenswerter Darstellung zum Ausdruck.

Inzwischen gibt es einen kürzlich dazu getretenen Zähl-Kandidaten, eine sog. Knall-Kandidatur.

 

Abgesehen davon, dass bestimmte Medien – wie die Bergedorfer Zeitung/sog. „Lauenburgische Landeszeitung“ – auch noch Anlass und Beweggrund meiner Entscheidung, mich zur Wahl zu stellen, unwahr und damit rechtsverletzend dargestellt haben.

Im Besonderen wird wieder und wieder so getan – gerade auch von dem Kandidaten der fünf Parteien suggestiv vermittelt -, als wenn ein Bürgermeister in Geesthacht keinen Einfluss auf den Betrieb bzw. die Frage des Wiederanfahrens nehmen kann bzw. keinen Einfluss hätte. Dieser Desinformation sollte im Interesse der Informationssicherheit von uns allen möglichst ein Ende gesetzt werden – auch wenn sich meine Kandidatur dank des unrühmlichen bürgerrechtfeindlichen Verhaltens der Hamburger Justizbehörde (unter „grüner“ Führung) erledigt hat.

 

Aus diesem Zusammenhang schreibe ich hier beispielhaft etwas darüber was einem Bürgermeister an einem der bedeutendsten Atom-Standorte  mit dem größten Siedewasserreaktor der Welt, einem der großen Brennelemente-Zwischenlager in der Bundesrepublik Deutschland und anderen Atom-Einrichtungen der Bundesrepublik möglich ist:

 

 

  1. 1.Der Bürgermeister befindet sich als Verwaltungsspitze der Stadt Geesthacht mit immerhin 30.000 Einwohnern immer wieder im Gespräch mit dem Betreiber des AKW Krümmel (AG Vattenfall). Es gibt einfach immer wieder anlassbezogene Regelungsbedarfe: Ob Baumaßnahmen auf dem Gelände, ob Wünsche bzgl. der Straßenführung wie z.B. Abbiegespuren, ob Fragen im Zusammenhang mit dem Gleisanschluß, der Kanalisation, Stromversorgung usw.
    Diese Konstellation stellt ein im Vergleich zu anderen Standort-Dörfern wie Brokdorf, Würgassen, Grafenrheinfeld, Obrigheim, Grundremmingen und andere Dörfer vollkommen anderes Kräfteverhältnis auch in den Möglichkeiten der Verwaltung dar.

    Es gibt also für die Verwaltungsspitze der Stadt Geesthacht eine Fülle von Möglichkeiten, um dem Betreiber das Leben zu vereinfachen. Aber es bestünde auch die Möglichkeit, den Betrieb entsprechend zu erschweren. Dies vermag ein Bürgermeister selbstverständlich nur in Abhängigkeit von der Beschlusslage der Ratsversammlung rechtlich und demokratisch legitimiert zu praktizieren.
    Da es in der Geesthachter Ratsversammlung seit 2008 jedoch erstmals eine bislang lediglich rechnerisch in Erscheinung getretene Mehrheit gegen den weiteren Betrieb des AKW Krümmel gibt, ist genau diese oben dargestellte Überlegung alles andere als theorethisch. Sie wird jedoch theoretisch bleiben, wenn ein Bürgermeister gewählt wird, der sich als eindeutiger Atom-Befürworter ausgewiesen hat. Und genau daran arbeiten die fünf in der Geesthachter Stadtvertretung physisch präsenten Parteien – auch die Grünen, die Linken und die SPD.

    Die oben dargestellte Überlegung bliebe auch dann theoretisch, wenn in den als Anti-AKW-Fraktionen ausgewiesenen Fraktionen dann wenn – wie es am 11.9.2009 der Fall gewesen ist – sowohl reihenweise Mitglieder der Sitzung bzw. der Abstimmung über den Abschaltungsantrag zum AKW Krümmel ganz fern blieben (DIE GRÜNEN: 1; DIE LINKE: 1, indem kurz vor der Abstimmung immer einer der beiden den Sitzungssaal verließ, insgesamt fünf Mal (!); SPD: 3). Ein entsprechend inhaltlich ausgewiesener Bürgermeister könnte auch bei solchen Gelegenheiten Orientierung geben. Im besonderen DIE LINKE und (mehr noch) DIE GRÜNEN werden ihren Wählern sicherlich erklären können, warum sie stattdessen einen Atom-Befürworter, den 1. Stadtrat Dr. Manow, ausdrücklich unterstützen.  
    Auch deshalb machte es Sinn, dass eine personell-inhaltliche Alternative mit einem zweiten Kandidaten am Wahltag auf dem Stimmzettel gestanden hätte, der genau die mit der Anti-AKW-Position verbundenen Optionen personell verkörperte.
     

  2. 2.Ganz aktuell sei darauf hingewiesen, dass Vattenfall die Gebäude für beide neuen Transformatoren vergrößern muss. Die Baumaßnahmen sind im vollen Gange. Sogar einschlägige Presseberichte liegen dazu vor.
    Um dies durchzuführen, sind Baugenehmigungen erforderlich bzw. die Veränderungen der bestehenden Bauten bedürfen verwaltungsrechtlicher Genehmigungen. Die Genehmigungen werden über die Geesthachter Stadtverwaltung in Zusammenarbeit mit weiteren Behörden (Untere Landschaftsbehörde wg. Öleintritt ins Erdreich und anderen) erteilt.

    Dieses Beispiel soll lediglich illustrieren, wie häufig die Geesthachter Stadtverwaltung bereits Möglichkeiten ausließ, den Betrieb des AKW Krümmel zu erschweren. Und dies auch weiterhin tut. Ohne zu sehr in Details einzusteigen, aber ohne dass Recht und Gesetz verdreht werden müssten, vermag die Standortverwaltung einer Kleinstadt wie Geesthacht mehr als nur Sand ins Getriebe dieser menschenfeindlichen Technologie zu werfen. Baurecht ist Verwaltungsrecht und trotz stark ausdifferenzierter Rechtsprechung ist gerade das Verwaltungsrecht von Ermessensentscheidungen geprägt.

    Das Problem bestand bisher darin, dass Geesthacht ausschließlich Bürgermeister hatte und jetzt wieder erhalten wird, die es richtig gut finden, dass ein AKW zum Nachteil der Einwohner auf dem Stadtgebiet läuft.

    Das augenblickliche spezifische Geesthachter lokalpolitische Problem besteht darin, dass die Anti-AKW-Parteien in der Geesthachter Stadtvertretung – im Gegensatz zu ihren vollmundigen Erklärungen und den klaren Positionen derselben Gliederungen auf Landes- wie Bundesebene – DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SPD diese Fakten hintanstellen, indem sie die Kandidatur eines Atombefürworters unterstützen.
     

  3. 3.Darüber hinaus vermag ein Bürgermeister mit der vorhandenen Mehrheit einer Stadtvertretung – wie es in Geesthacht der Fall ist – auch gegen die Dauerbetriebsgenehmigung rechtlich vorgehen.
    Ich will gar nicht die verpassten Großchancen bei der Einrichtung des Zwischenlagers, bei dem auch der zukünftige Geesthachter Bürgermeister, Herr Dr. Manow, eindeutig in Erscheinung trat und weiterer bedeutsamer Betriebsveränderungen des AKW Krümmel, wie z.B. die Erhöhung der Nennleistung von 1260 auf 1402 MW, vertiefen.
    Es gibt eine Reihe von konkreten Klagemöglichkeiten gegen die bestehende Dauerbetriebsgenehmigung des AKW Krümmel. Diese Möglichkeiten gälte es seitens der Stadt Geesthacht im Interesse ihrer Einwohner und einiger weiterer Millionen Menschen um diesen Standort, die im Falle des realistischen Unfalls betroffen wären, zu nutzen.
     

  4. 4.Nicht zu unterschätzen ist folgende Tatsache: Es gibt bis heute noch keinen Standort der 17 in der Bundesrepublik Deutschland betriebenen AKW´s, an denen sich die Standortgemeinde gegen den Betrieb ausspricht. In der Regel ist diese Feststellung von kirchturmorientierten pekunären Interessen abgeleitet.
    Geesthacht wäre mit einem ausgewiesenen AKW-Gegner an der Verwaltungsspitze nicht bloß endlich einmal Vorreiter eines zukunftsweisenden, sich an den Interessen der Menschen und ihrer Umwelt orientierenden, Vorgehens geworden, sondern ein solcher Bürgermeister - mit der entsprechenden Mehrheit in der Ratsversammlung im Rücken - könnte kaum zu unterschätzende politische Signale durch meinungsbildende Äußerungen in der Öffentlichkeit machen. – Die für Geesthacht seit Jahrzehnten tradierte Atom-Koalition in personeller wie in organisatorischer Hinsicht hat diese Möglichkeit nicht einfach „verspielt“, sondern bewusst ausgeschlossen. Den Rest der Drecksarbeit erledigte inzwischen die Hamburger Exekutive.

    Welche Bedeutung („kaum zu unterschätzende politische Signale“) dies hat, wird unter anderem durch die charming-Offensive bei Vattenfall in der Öffentlichkeitsarbeit illustriert: Wieder und wieder halbseitige Anzeigen in sämtlichen lokalen Blättern mit Überschriften wie „Nachbarn an Nachbarn“, und „Liebe Nachbarinnen, liebe Nachbarn“ etc.  – Oder die stattfindenden Informationsveranstaltungen im Propaganda-Pavillon am AKW Krümmel mit dem Geschäftsführer von Vattenfall Europe für eine Schar von Bürgern, die sich dorthin „verlieren“.
     

  5. 5.Letztlich bedeutete ein Bürgermeister, der die für die Stadt Geesthacht alles überragende Position gegen das AKW Krümmel mit seinem ungeheuren Bedrohungspotential – neben der weiter ungelöst bleibenden Endlagerproblematik auch für Geesthacht bzw. der absehbaren „Umwidmung“ des vorhandenen Brennelemente-Zwischenlagers zu einem Endlager – so kommuniziert wie die Mehrheit der Bevölkerung es will, dass er auch eine Orientierungshilfe für die in der Geesthachter Ratsversammlung vertretenen Fraktionen darstellte.

    Bei der Abstimmung im September 2009 über den Antrag, dass das AKW Krümmel nicht wieder in Betrieb gehen solle, kam die rechnerisch in der Stadtvertretung vorhandene Ein-Stimmen-Mehrheit (17 : 16 Stimmen) deshalb nicht zustande, weil von den GRÜNEN eine Abgeordnete fehlte, bei der SPD gleich drei und bei DIE LINKE war wechselweise gegen Schluß der 75-minütigen Beratung ständig eine Person auf dem Flur, auf der Toilette oder sonst wo, jedenfalls nicht an seinem Platz als die Abstimmung stattfand.

    Letztlich findet der Bürgermeister einer Kleinstadt wie Geesthacht es als Standortgemeinde des AKW Krümmel ist, ständiges Gehör auf Kreis-, Landes- und Bundesebene zu den Fragen, die mit dem Betrieb des AKW Krümmel verbunden sind. Diese auf der Hand liegenden Möglichkeiten wurden allesamt bislang nicht bzw. viertelherzig genutzt.
     

Es gibt noch wesentlich mehr Einwirkungsmöglichkeiten. Aber evtl. ist diese Darstellung erst einmal ausreichend Grund für alle Interessierte nachzudenken?